Matreszenz, wie Adoleszenz

„Wie die Adoleszenz beschreibt die Matreszenz einen Entwicklungsübergang,

der hormonell, physisch und emotional ist.”

(Dr Alexandra Sachs)

Der Mythos über das Mutterwerden

Die Erwartung (bewusst oder unbewusst) ist oft, dass, sobald eine Frau ihr Baby hat, all ihre natürlichen Mutterinstinkte zum Vorschein kommen, sie super glücklich ist, sofort in ihr(e) Baby(s) verliebt ist und nach ein paar Wochen zu ihrem normalen Leben, ihrer Karriere, Körperform… zurückkehrt. Viele frischgebackene Mütter sind verwirrt und denken, dass mit ihnen etwas nicht stimmt, wenn sie sich nicht die ganze Zeit glücklich fühlen, wenn sie sich unsicher sind, was zu tun ist und wenn das wieder ins „normale“ Leben zurückkehren, gar nicht so einfach ist.

Die Wahrheit ist, dass das Mutterwerden kein Ereignis, sondern ein Prozess ist.

Matreszenz ist wie Adoleszene

Wie in meinem letzten Blogbeitrag erwähnt, hat Dana Rapahel diesen Prozess in den 1970er Jahren als erste benannt: Matreszenz. Leider wurde das bis vor kurzem nicht weiter erforscht. Erst mit der Erklärung von Dr. Aurelie Athan zu „Matreszenz wie Adoleszenz“ brachte ein breiteres Verständnis und Bewusstsein dafür, was passiert, wenn eine Frau Mutter wird. Wir alle kennen die hormonelle, unangenehme Zeit, in der ein Teenager beim Übergang ins Erwachsenenalter versucht, seine neue Identität herauszufinden.

„Wie die Adoleszenz beschreibt die Matreszenz einen Entwicklungsübergang, der hormonell, physisch und emotional ist.” (Dr Alexandra Sachs)

Wenn wir die Pubertät durchlaufen, werden wir erwachsen. Wir werden nicht wieder zum Kind. Wir sind immer noch derselbe Mensch, nur in einem anderen Lebensabschnitt. Gleiches gilt für die Matreszenz. Das Ziel ist nicht, wieder schnellst möglich zum alten Leben zurückzukehren, sondern Mutter zu werden. Du bist immer noch dieselbe Person, aber du erlebst eine Transformation in eine neue Lebensphase.

„Wie die Pubertät ist es eine Übergangszeit. Schwanger zu sein ist wie eine neue Pubertät: Ihre Hormone spielen verrückt, Haare und Haut verhalten sich nicht so, wie Sie es gerne hätten, und Sie entwickeln eine neue Beziehung zu ihrem Körper, der einen eigenen Kopf zu haben scheint.

Der Unterschied? Jeder versteht, dass die Pubertät eine unangenehme Phase ist. Aber während der Matreszenz erwarten die Leute, dass du glücklich bist, während du die Kontrolle über dein Aussehen und deine Gefühl verlierst.“ (Dr Alexandra Sachs)

Deshalb ist es so wichtig über Matreszenz zu reden und die Überganszeit zum Mutterwerden zu normalisieren.

Aber wie genau gleicht jetzt das Mutterwerden der Pubertät?

  1. Hormonelle Veränderungen

    Mit der Geburt der Plazenta sinken die Schwangerschaftshormone rapide. Andere Hormone, wie Oxytocin, erhöhen sich, um dir zu helfen, mit deinem Baby zu boden und zu stillen. Deine Hormone brauchen eine Weile, um sich auszugleichen, was sich auf deine Stimmung auswirken kann.

  2. Veränderungen im Gehirn

    Die Plastizität des Gehirns ist die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und anzupassen. Sie ist in den ersten Lebensjahren, in der Pubertät und bei Frauen, wenn sie ein Baby bekommen, hoch. Diese Veränderungen sind wie Upgrades für dein Gehirn, die dir helfen, mit deinem Baby zu bonden und dich wachsamer für dein Baby macht. Diese Veränderungen bereiten dich auf deine neue Rolle als Mutter vor, können sich aber manchmal komisch und verwirrend anfühlen. Mehr über „Baby Brain“ kannst du hier lesen.

  3. Körperliche Veränderungen

    Dein schwankender Hormonspiegel kann sich auf deine Haut auswirken und zu Akne oder Pigmentierung in deinem Gesicht führen (wenn das nicht nach Pubertät klingt). Es wirkt sich auch auf deine Haare aus und führt dazu, dass das zusätzliches Haar aus der Schwangerschaft ausfällt.

    Wenn du stillst, verändern sich deine Brüste. Im Allgemeinen verändert sich dein Körper nach der Schwangerschaft und Geburt. Hier kannst du mehr über körperliche Veränderungen nach der Geburt lesen.

  4. Veränderungen deiner Beziehungen

    Ein (weiteres) Baby verändert die bestehende Familiendynamik, wenn aus zwei drei oder aus drei vier werden. Die Beziehung zu deinem Partner ändert sich und vielleicht auch Freundschaften, Beziehungen an und zur Arbeit und dein sozialer Status.

  5. Identität

    Mutterwerden, gibt dir einen neuen Namen (Mama), eine neue Rolle und Verantwortung mit sich. Du fragst dich vielleicht manchmal, wer du als Mama, aber auch als Frau bist.

„Mutter zu werden bedeutet nicht nur, ein Kind großzuziehen. Es ist ein Übergangsritus für die Frau, der sowohl ein Ende als auch ein Anfang ist: Sie wird nie mehr die sein, die sie einmal war, und sie weiß noch nicht genau, wer sie ist.“ (Amy Taylor-Kabbaz)

Matreszenz bedeutet, dass das Mutterwerden nicht über Nacht geschieht. Es ist ein Prozess. Manchmal ein lebenslanger Prozess.

Matreszenz bedeuted auch, dass das Mutterwerden dich verändert. Diese Veränderung wirkt sich auf all deine Lebensbereiche aus.

Das zu wissen und anzuerkennen, kann dich von unrealistischen Erwartungen befreien und dir den Raum geben, dir selbst und anderen Müttern zu erlauben, herauszufinden was Mutter sein für einen selbst bedeuted. Sei ehrlich und gnädig mit dir und deinen engsten Bekannten. Du verdienst ein gutes Umfeld, das dich auf deinem Weg unterstützt, damit du dein neues „Ich” entdecken und die beste Mutter in dir hervorbringen kannst.

Quellen:

Amy Taylor Kabbaz: What is matrescence

Dr Alexandra Sachs: Matrescence — What is it?

Dr Alexandra Sachs: Why we NEED the word “Matrescence”

Damaris Lee

I am a Birth and Postpartum Doula who supports pregnant and new mums with education and practical support.

http://www.mumsoasis.com
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